Der Drususstein
Sicher ist: Was wir heute vom Drususstein sehen können, wird seiner ursprünglichen Form nicht gerecht. Wie diese genau aussah, ist wiederum kaum gesichert. Historiker und Zeichner haben verschiedene Modelle des Grabmals entworfen.
Dabei ist im Grunde schon der Name ein wenig irreführend, denn beim Drususstein handelt es sich nicht um einen massiven Felsbrocken, sondern um einen rund zwanzig Meter hohen, zylinderförmigen Gussmauerwerkblock: ein leeres Ehrengrab für den hochgeschätzten Stadtgründer. Seine Spitze war ursprünglich mit einem steinernen Pinienzapfen verziert, weshalb er früher auch als Eichelstein bekannt war.
Im frühen Mittelalter wurde das Ehrenmal seiner prächtigen Verkleidung beraubt; damals wurden viele antike Bauwerke dekonstruiert, um die Steine erneut zu verwenden.
Ab dem 16. Jahrhundert wird der Drususstein als Wachturm in die entstehende Festungsanlage integriert. Dafür wurde die ursprünglich massive Konstruktion ausgehöhlt, um eine Wendeltreppe einbauen zu können.
Die Jahrhunderte überdauert hat der „Kern“ des Kenotaphs aus opus caementitium, dem römischen Beton. Der antike Werkstoff besteht zum Großteil aus gebranntem Kalk, gemischt mit Sand, Kies und Ziegelsplitt. Die Zugabe von Wasser zu dieser Mischung löst eine chemische Reaktion aus: Die Masse erhitzt sich zunächst und härtet anschließend aus. Der opus caementitium wurde als festigender Füllstoff zwischen gemauerten Außenwänden oder Schalungsbrettern aus Holz gegossen und sorgte maßgeblich dafür, dass so viele römische Steinkonstrukte die Jahrtausende bis heute überdauert haben. Mit dem Mittelalter geriet der geniale Baustoff in Vergessenheit und musste im 18. Jahrhundert „neu erfunden“ werden.
Die Franzosen gaben dem Drususstein 1813 eine weitere Funktion: Er bildete den Endpunkt der bis 1814 bestehenden optischen Telegrafenlinie, die von Metz bis nach Mainz reichte. Mit optischen, codierten Signalen konnte über eine Distanz von 225 Kilometern und 22 Stationen hinweg Nachrichten innerhalb von nur etwa sechs Minuten übermittelt werden.
Die Telegrafenstation, die vor allem für behördliche und militärische Zwecke diente, wurde allerdings wenige Monate nach Fertigstellung bei der Belagerung von Mainz zerstört. Diese Belagerung im Rahmen der „Befreiungskriege“ von 1813 bis 1815 beendeten die französische Vorherrschaft unter Napoleon in Europa.